Interviewte

 

Zvi Cohen

Zvi Cohen

Zvi Cohen wurde als Horst Cohn am 21. Mai 1931 in Berlin geboren. Er lebte dort noch von 1941 bis 1943 in seiner Berliner Dachwohnung, welche er 2 ganze Jahre lang, des Judensterns wegen, auch während der Bombardements nicht verlassen durfte. Im Mai 1943 wurde Zvi dann gemeinsam mit seinen Eltern ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Die fast zwei Jahre dort, überstand er, zu seinem großen Glück gemeinsam mit seinen Eltern. Auch in Theresienstadt spielte er weiter auf seiner Mundharmonika und teilweise beteiligte er sich im Orchester der dort aufgeführten Kinderoper Brundibar, die in Auschnitten auch in dem NS-Propagandafilm “Der Führer schenkt den Juden eine Stadt” zu sehen ist.
Zvi hatte das Glück am 5. Februar 1945 mit dem so genannten “Zug in die Freiheit” noch vor Ende des 2. Weltkriegs und der Befreiung Theresienstadts von dort zu entkommen. Er und seine Eltern gehörten zu denjenigen, die mit einem Zug in die Schweiz befreit wurden. Es gab nur einen Transport dieser Art, die anderen Transporte führten in die Vernichtungslager, in den meisten Fällen nach Auschwitz. Von der Schweiz aus emigrierte Zvi mit seinen Eltern in das damalige Palästina und lebt seitdem im Kibbuz Ma'abarot. Er lebt dort nun schon 65 Jahre, hat den Kibbuz mit aufgebaut, ist überzeugter Kibbuznik und kann mit Leidenschaft von seinem Leben in Ma'abaroth, der Erziehung und sozialistischen Idealen erzählen.

“Die Mundharmonika hat mir das Leben gerettet.”

 

Hanni Aisner

Hanni Aisner wurde am 20. Juni 1923 in Berlin geboren und wuchs im Stadtteil Friedrichshain auf. Am 26.8.1939 gelang ihrer Familie mit einem der letzten Personenzüge, die Deutschland vor Kriegsbeginn verließen, gerade noch die Ausreise. Schon ab 1937 hatten ihre Eltern vergeblich versucht an Visa für die USA zu kommen. 1939 erhielten sie dann aber Visa für Chile. Nach einem beschwerlichen Weg mit etlichen Hürden kamen sie nach mehreren Wochen mit dem Schiff in Argentinien an. Über den Landweg ging es dann über die Anden weiter nach Chile, wo sie glücklich von Hannis Onkel empfangen wurden. Er hatte Deutschland schon vor ihnen verlassen können.

Hanni Aisner

In Chile musste die ganze Familie mit zum Lebensunterhalt beitragen. Aber sie lebten sich schnell ein und Hanni fand sich mit einer Gruppe junger Leute zusammen – vor allem jüdische Emigranten. Sie gründeten zunächst eine Art Wohnprojekt oder Kommune, wo sie ihren Alltag gemeinschaftlich, sozialistisch organisierten. Nach einiger Zeit konnten sie einen Hof übernehmen und bauten selbst eine Hachschara auf, um sich auf Palästina vorzubereiten. Denn mit der steigenden Zahl schrecklicher Nachrichten aus Europa wuchs der zionistische Gedanke. In der Gruppe lernte Hanni auch ihren Mann Shlomo kennen mit dem sie heute noch in Ma'abarot lebt.

Als sie dort ankamen, existierte der Staat Israel bereits, dessen Gründung sie in Santiago erlebt und gefeiert hatten. Die Gruppe verfolgte zunächst den Plan, einen eigenen Kibbuz zu gründen. Doch in Ma'abarot lebte sich Hanni, wie viele andere aus ihrer Gruppe schnell ein und sie beschlossen dort zu bleiben. Dort wurden auch ihre drei Kinder geboren, Yehoshua, Dani und Dorit, von denen es jetzt sieben Enkel gibt. Es ist wieder eine richtige Familie geworden und alle leben in Israel.

 

Ora Lahisch

Ora Lahisch

Ora Lahisch wurde als einziges Kind der Familie Lahisch in Landau geboren. Bis zur vierten Klasse besuchte sie hier die Schule und erlebte bereits als Kind starken Antisemitismus. Der Vater wurde in seiner beruflichen Tätigkeit stark von den Nazis eingeschränkt. Das war auch der Grund für das häufige Umziehen der Familie innerhalb Deutschlands. So kam sie mit vierzehn Jahren nach Frankfurt am Main. Das Leben in Frankfurt bedeutete für sie einen Wendepunkt in ihrem Leben. Hier konnte sie sich aktiv am jüdischen Leben beteiligen und sich einer jüdischen Jugendgruppe anschließen. Das ständige Ausgegrenztsein hatte somit zumindest im direkten Umfeld ein Ende.
Ein einschneidendes Erlebnis war für sie die Deportation polnischer Juden aus Frankfurt 1938. Diese Tatsache und die Erfahrung der Novemberpogrome trugen dazu bei, dass sie mit der Jugend-Alija nach Palästina ging.

So verließ sie Deutschland am 30.01.1939 ohne ihre Eltern, die ihr nicht mehr folgen konnten und die sie nie wieder sah. Ora kam mit anderen Jugendlichen in das Kibbuz Ma'abarot, wo sie bis heute lebt.

 

Joav Burstein

Joav Burstein wurde im Jahre 1923 in Berlin als Heinz Burstein geboren. Er erlebte eine unbeschwerte Kindheit, in der er viel mit seiner Familie musizierte und viele Ausflüge ins Berliner Umland unternahm. Dies änderte sich jedoch im Jahre 1933, dem Jahr der Machtübertragung an die Nazis. Ab diesem Zeitpunkt, den er als Ende seiner Kindheit angibt, nehmen die Diskriminierungen und offenen Feindseligkeiten gegenüber Juden und Jüdinnen immer stärker zu.

Joav Burstein

Wie seine drei Geschwister ging er dreimal die Woche zum zionistisch-sozialistischen Jugendbund ‘Hashomer Hatzair’ (‘Der Junge Wächter’), was seinen Wunsch bestärkt nach Palästina einzuwandern. Doch Joavs Eltern wollten ihn nicht gehen lassen. Ihre drei anderen Kinder waren zwischen 1934 und 1936 bereits dorthin ausgewandert; wenigstens das jüngste Kind wollten Sie bei sich behalten. Erst nach den Novemberprogromen von 1938 waren auch Sie endgültig überzeugt, dass es im nationalsozialistischen Deutschland keine Zukunft für die Familie geben kann und willigten seiner Jugend-Alija zu.
Joav reiste im Jahre 1939 ins damalige Palästina und landete gleich am 27. März in Ma'abarot. Im Kibbuz führte er verschiedene Berufe aus, als Pferdekutscher, Traktorist, Lastwagenfahrer, Installateur und Werkzeugmacher. Ma'abarot ist auch der Ort, an dem er einige Jahre später seine Frau Sarah kennen lernte, mit der er bis zu zu seinem Tode zusammenlebte und begeistert musizierte. Im November 2011 ist Joav Burstein im Alter von 89 Jahren verstorben.

 

Hannah Schalem

Hannah Schalem

Hannah Schalem, Jahrgang 1923, wuchs mit ihren Geschwistern und Eltern in der Nähe von Berlin auf. Nachdem sie vier Jahre die Montessori Schule besucht hatte, wechselte sie auf das Liceum, von dem sie allerdings kurze Zeit später verwiesen wird. Bis zu ihrer Ausreise aus Deutschland im Jahre 1939 besuchte sie dann die Jüdische Schule, in der erste Vorbereitungen für das Leben in Palästina gelehrt wurden.
Seit ihrer Ankunft mit der Jugend-Alija in Palästina lebt sie im Kibbuz Ma'abarot. Während der Kriegsjahre konnte sie nur spärlich Kontakt zu ihren in Deutschland verbliebenen Eltern über das Rote Kreuz halten. Diese versuchten vergeblich ein Zertifikat für die Einreise nach Palästina zu erhalten.
In einem letzten Brief ihrer Eltern, den Hannah erst nach dem Krieg erhielt, beschreiben sie ihre verzweifelte Lage am Vortag ihrer Deportation: “Morgen geht es in die Ungewissheit”.